Handwerkskunst und Leidenschaft – Ein Besuch bei Theo Jüngst in der Gerberei Eschenbach
Wir haben uns angemeldet und betreten tatsächlich eine andere als die gewohnte Welt, als wir freundlich von Theo Jüngst begrüßt werden. Und es ist in der Tat ein sehr besonderer Ort, eine von nur noch wenigen Fellgerbereien in Deutschland. Schon der Großvater hatte vor mehr als 120 Jahren den Betrieb gegründet, der zunächst eine Ledergerberei war. Theo Jüngst gerbt heute ausschließlich Felle, überwiegend für Auftraggeber, vor allem Schäfer und Jäger, aber auch für Museen, die aus vielen Ländern Europas Felle schicken, weil sie offensichtlich wissen, dass hier in Eschenbach hochwertige Produkte entstehen. So ist heute ein Bärenfell aus Schweden im Gerbfass. Dort findet der eigentliche Gerbprozess statt und das dauert 2 volle Tage. Aber das ist nur einer von vielen Schritten in einem aufwändigen Herstellungsverfahren. Wenig ansehnlich und schmutzig liegen die angelieferten Felle zu unseren Füßen. Wie soll daraus am Ende ein kuscheliges Etwas werden? Dass das geht, bekommen wir zu sehen in einem Szenario, das seinen Ursprung im 19. Jahrhundert noch erahnen lässt, auch wenn heute die archaisch anmutenden Maschinen elektrisch betrieben werden. Das Entfleischen und vieles andere erfolgen aber von Hand. Die dann gewaschenen und 48 Stunden gegerbten Felle werden getrocknet, gestollt, geschliffen und gekämmt. Es ist bei jeder dieser Tätigkeiten zu spüren, mit welcher Passion und Erfahrung Theo Jüngst seinen Beruf macht.
Und im Lager liegen sie dann, wie frisch vom Friseur: das gelockte Fell des Schottlandrindes, die schneeweißen dichten Schafsfelle, die langhaarig-zotteligen, schwarz-grauen Felle der Heidschnucken und die schön gezeichneten Dachs- und Waschbärfelle. Jedes anders, jedes ein Unikat und jeder Auftraggeber bekommt auch exakt sein Fell mit Nummer zurück. Es gibt natürlich auch Felle, die man kaufen kann, aber wir können uns nicht so schnell entscheiden, so wunderbar sind sie. Wir müssen also nochmal wiederkommen. Vielleicht kriegen wir dann ja auch das fertige Bärenfell zu sehen.
Wie schade, dass es kaum mehr Menschen gibt, die sich von Theo Jüngst Leidenschaft anstecken lassen und dieses Handwerk erlernen, das es in naher Zukunft wohl nicht mehr geben wird.
Unter www.gerberei-juengst.de kann man die Arbeitsschritte der Fellgerberei anschauen und Adresse und Telefonnummer finden.